Im ersten Teil des Artikels haben wir die philosophischen Ursprünge, die ersten praktischen Schritte der Künstlichen Intelligenz (KI) und die entscheidenden Entwicklungen in den frühen Jahrzehnten der KI-Forschung betrachtet. Wir haben die Geburtsstunde der modernen KI-Forschung mit dem Dartmouth-Projekt im Jahr 1956 sowie die ersten Expertensysteme in den 1970er Jahren behandelt. Doch wie ging es nach dem Rückschlag der frühen KI-Forschung weiter? Wie wurden die Grenzen der Symbolischen KI überwunden, und welche innovative Fortschritte brachten die 1980er und 1990er Jahre? In diesem zweiten Teil schauen wir auf den Weg der KI in den 1980er Jahren, den Aufstieg des maschinellen Lernens und die modernen Entwicklungen, die die KI zu dem gemacht haben, was sie heute ist.
2.1 Die 1980er Jahre: Aufstieg der Expertensysteme und des maschinellen Lernens
Die 1980er Jahre sind als eine Zeit des Wiederauflebens der KI-Forschung bekannt, nachdem die Forschung in den 1970er Jahren auf den sogenannten „KI-Winter“ gestoßen war. Mit einem erneuten Interesse und innovativen Ansätzen, die die damaligen Probleme der Symbolischen KI überwanden, gab es einen entscheidenden Fortschritt in der Entwicklung von Expertensystemen und der Maschinenintelligenz.
a) Das Aufblühen der Expertensysteme
Die 1980er Jahre waren von einem bedeutenden Boom der Expertensysteme geprägt. Diese Systeme, die in den 1970er Jahren ihre ersten Gehversuche gemacht hatten, wurden jetzt weiterentwickelt, um praktische Lösungen in realen Bereichen zu bieten, darunter Medizin, Finanzen und Industrie.
Ein bekanntes Beispiel dieser Zeit ist das Expertensystem XCON (eXpert CONfigurer), das von DEC (Digital Equipment Corporation) zur Konfiguration von Computern und Hardware-Komponenten verwendet wurde. XCON half dabei, komplexe Systemkonfigurationen in einer Art und Weise zu optimieren, die zuvor unmöglich war.
Funktionen der Expertensysteme in den 1980er Jahren:
- Wissensdatenbanken: Expertensysteme basierten auf umfangreichen Datenbanken von Fachwissen, das von Experten in einem bestimmten Bereich zusammengestellt wurde.
- Inferenzmaschinen: Diese Maschinen ermöglichten es den Systemen, aus den gespeicherten Daten logische Schlussfolgerungen zu ziehen und Probleme zu lösen, ähnlich wie ein menschlicher Experte.
- Interaktive Benutzeroberflächen: Benutzer konnten über Fragen und Antworten mit den Systemen interagieren, was sie benutzerfreundlicher machte.
b) Die Herausforderungen der Symbolischen KI
Während die Expertensysteme in den 1980er Jahren Fortschritte erzielten, stießen sie auf gravierende Einschränkungen. Die symbolische KI, die nach wie vor versuchte, Wissen in formale Symbole zu übersetzen und mit ihnen zu arbeiten, hatte Schwierigkeiten, mit der Komplexität und Vielseitigkeit der realen Welt Schritt zu halten.
- Problem der Wissensrepräsentation: Ein zentrales Problem war, wie das Wissen der Welt in eine Form zu bringen, die für eine Maschine verständlich war. Die menschliche Welt ist viel komplexer als das formale symbolische System.
- Mangelnde Flexibilität: Expertensysteme waren sehr spezialisiert und konnten nur innerhalb eines engen, vorgegebenen Bereichs arbeiten. Sie hatten Probleme, Wissen zu verallgemeinern und für andere Probleme anzuwenden.
Diese Einschränkungen führten zu einem weiteren Rückschlag in der KI-Forschung und gaben den Weg für neue Entwicklungen im Bereich des maschinellen Lernens und der neuronalen Netzwerke frei.
2.2 Die 1990er Jahre: Der Aufstieg des maschinellen Lernens und der neuronalen Netzwerke
Die 1990er Jahre waren ein Wendepunkt für die KI-Forschung. Viele der vorherigen Herausforderungen wurden mit neuen, innovativen Technologien angegangen, die auf den Prinzipien des maschinellen Lernens und der neuronalen Netzwerke basierten. Diese Technologien hatten das Potenzial, viele der Beschränkungen der symbolischen KI zu überwinden und Maschinen zu entwickeln, die selbstständig lernen und verallgemeinern konnten.
a) Das Comeback der neuronalen Netzwerke
Neuronale Netzwerke, die in den 1980er Jahren noch relativ unpopulär waren, machten in den 1990er Jahren eine bemerkenswerte Rückkehr. Diese Netzwerke, inspiriert durch die Funktionsweise des menschlichen Gehirns, ermöglichen es Maschinen, aus Beispielen zu lernen und eigene Entscheidungen zu treffen.
Die Backpropagation-Methode, die 1986 von Geoffrey Hinton und anderen Forschern wiederbelebt wurde, ermöglichte es, neuronale Netzwerke zu trainieren, um mustererkennende Aufgaben wie Bild- und Spracherkennung durchzuführen. Diese Entwicklung legte den Grundstein für viele moderne KI-Anwendungen, von der Bildverarbeitung bis hin zur Sprachverarbeitung.
Beispiel: Das Neural Network-Modell, das von LeNet entwickelt wurde, wurde für die Handschriftenerkennung und die Bildverarbeitung verwendet und war ein früher Erfolg des maschinellen Lernens.
b) Maschinelles Lernen: Von einfachen Algorithmen zu komplexeren Systemen
Während neuronale Netzwerke eine Grundlage für die neue Ära der KI bildeten, wurde das maschinelle Lernen zu einer weiteren wichtigen Methode, um automatisch aus Daten zu lernen. Maschinelles Lernen bezieht sich auf Algorithmen, die es Maschinen ermöglichen, aus Beispielen und Erfahrungen Muster zu erkennen und darauf basierend Vorhersagen zu treffen, ohne explizit programmiert zu werden.
In den 1990er Jahren wurden maschinelle Lerntechniken wie Entscheidungsbäume, künstliche neuronale Netzwerke und Support Vector Machines (SVMs) entwickelt, die die Grundlage für viele heutige KI-Systeme bildeten.
Beispiel: Ein Spam-Filter in E-Mails, der maschinelles Lernen verwendet, um Spam-Nachrichten basierend auf früheren Beispielen zu erkennen, ist ein alltägliches Beispiel für maschinelles Lernen.
c) KI in der Praxis: Vom akademischen Konzept zur praktischen Anwendung
Die 1990er Jahre markierten auch die Zeit, in der KI-Systeme in realen Anwendungen eingesetzt wurden. Dies reichte von Expertensystemen in der Medizin und Finanzindustrie bis hin zu automatisierten Prozessen in der Industrieproduktion. Unternehmen begannen, KI-Algorithmen für Geschäftsanalysen, Marktforschung und Produktivität zu nutzen.
- Beispiel: KI-basierte Systeme zur Betrugsprävention in Banken und Automatisierung der Kundenbetreuung in Callcentern fanden weite Verbreitung.
2.3 Der Übergang ins 21. Jahrhundert: KI auf dem Vormarsch
Mit den Fortschritten in den 1990er Jahren begann die KI-Technologie, ihren Weg in den Mainstream zu finden. Die Entwicklung von Big Data, Cloud-Computing und hochmodernen Algorithmen der KI brachte die Technologie auf ein neues Niveau und machte sie für Unternehmen, Regierungen und Gesellschaften weltweit zugänglich.
a) Big Data und die Revolution der Datenanalyse
Zu Beginn des 21. Jahrhunderts begannen Unternehmen, riesige Datenmengen zu sammeln, die aus sozialen Medien, IoT-Geräten und vielen anderen Quellen stammten. KI und maschinelles Lernen nutzten diese Big Data, um intelligente Analysen und Vorhersagen zu erstellen.
- Beispiel: Netflix verwendet maschinelles Lernen, um auf Basis von Benutzerdaten personalisierte Filmvorschläge zu erstellen.
b) Moderne Anwendungen: Von Sprachassistenten zu autonomen Fahrzeugen
Die letzten Jahrzehnten haben die praktische Anwendung von KI auf völlig neue Ebenen gehoben. Sprachassistenten wie Siri, Alexa und Google Assistant sind mittlerweile aus dem Alltag nicht mehr wegzudenken, genauso wie autonome Fahrzeuge, die auf fortgeschrittene KI-Algorithmen angewiesen sind, um sicher zu fahren.
Die Entwicklungen in den Bereichen Computer Vision, Sprachverarbeitung und Robotik ermöglichen es Maschinen, menschenähnliche Aufgaben immer besser zu übernehmen.